Hannes entdeckt die Freundschaft

Erfunden in Sillium im Bürgerpark am 01.08.2021

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Hannes entdeckt die Freundschaft

Erster Akt

Hannes Merkur der 45. Dritte ist ein Außerirdischer. Er sieht struppig aus und sein Alter ist 538 oder 43, je nachdem, wo man schaut. Sein letzter Stopp war auf dem Mars, darauf bezieht sich das Alter 538 Mars, das entspricht auf der Erde 43 Jahren. Hannes ist Weltenbummler und hat sich leider verflogen. Er kommt ursprünglich vom Pluto und war eigentlich auf dem Weg zur Erde. Den Stopp auf dem Mars hat er eingelegt, weil seine Mama dort lebt. Deshalb war er da. Naja, eigentlich wollte er nicht hin. Das war sein Unbewusstes.

Zur Erde will er wegen seiner Mission: Er soll seiner Mama, der Marsfrau, beweisen, dass es Freundschaft gibt. Seine Mutter glaubt nicht daran, findet es auch nicht wichtig. Hannes Merkur der 45. Dritte hatte sein ganzes Leben nie echte Freunde. Er sieht anders aus, die anderen sind alle glatt, und man weiß, dass die Marsianer sich gegenseitig hauen. Er leidet darunter.

Die Geschichte beginnt mit Hannes als Hund. Auf seiner Mission zur Erde musste er sich nämlich verkleiden. Die Verwandlung erhöht die Chancen, dachte er. Da hat er im Raumschiff "Hund" eingegeben und da kam gleich "Golden Retriever" als beliebtester Hund in Deutschland. Aber bei der Verwandlung ist etwas schief gegangen, es gab einen Stromausfall, dadurch wurde er ein Mix.

Die Geschichte startet im Tierheim am Rand eines kleinen Ortes: Salzgitter-Bad. In der Nähe ist die auszubildende Tierpflegerin Lilly, 22 Jahre und 5 Tage alt.

Lilly betritt den Hundebereich, gefolgt von einem älteren Ehepaar, Heinz und Erna, beide 77. Sie wollen sich einen Hund aussuchen. Hannes bekommt Herzklopfen und fällt davon auf die Seite und hat etwas Schaum vor dem Mund. Lilly wundert sich, Erna und Heinz verdrücken sich, das ist ihnen zu gruselig.

Lilly geht zu Hannes, streichelt ihn und spricht ruhig auf ihn ein: »Wo kommst 'n du her?«. Hannes war als außerirdischer verwandelter Hund direkt in dem Zwinger gelandet. Er antwortet auf marsianisch: »Ich verstehe dich nicht.« – »Meyn salie Hüb Hüt« »Meyn salie Hüb Hüt«

Lilly wundert sich, dass da einer ist, der marsianisch spricht. Sie versteht eigentlich marsianisch, aber er spricht Dialekt und sie versteht ihn nur so halb. Sie versteht: »Ich seh dich nicht, Erdbeerkuchen.«

Lilly schließt daraus, dass er Hunger hat. Sie holt Erdbeerkuchen und denkt an ihre Kindergartenzeit. Da war sie auch oft umgefallen und hatte dann Schaum vor dem Mund, immer wenn sie unterzuckert war, wenn sie Oma und Opa gesehen hat, und den Erdebeerkuchen. Oft reichte es, unterzuckert zu sein und dann sah sie schon Oma und Opa und den Kuchen.

Lilly stellt dem leidenden Hund den Erdbeerkuchen hin und hofft, dass es ihm durch ihn besser geht. Beim Betreten des Zwingers hatte sie jedoch vergessen, die Tür zu schließen. Da betreten die 54jährige Chefin Isabella Meier und deren kleine Tochter Mimi, 5 Jahre, hinter ihr den Zwinger.

Mimi stürzt sich auf den Hund, will gerade ein Stück Kuchen abbrechen und den Hund füttern, aber die Chefin interveniert: Sie glaubt, die Töle habe Tollwut, und reißt ihre Tochter zurück. Hannes bekommt Panik wegen der vielen Leute im Zwinger, rennt raus und den Flur entlang. Da betritt gerade jemand das Tierheim und Hannes flutscht durch die offene Tür hinaus.

Lilly wird von ihrer Chefin angemacht. Mimi rennt dem Hund hinterher.

Hannes, unser Außerirdischer in Gestalt eines Mischlingshundes springt in das offene erdbeerrote Cabrio des Ehepaars Erna und Heinz, auf die Rückbank. Dort riecht es nach Erdbeerkuchen. Hannes bleibt von Erna und Heinz unbemerkt und sie fahren davon. Erna fährt.

Mimi sieht das.

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Hannes entdeckt die Freundschaft

Zweiter Akt

Heinz und Erna wollen nach Sillium, ein anderes Tierheim besuchen. Unterwegs werden sie in Baddeckenstedt geblitzt, weil Erna zu langsam fährt: 20 km/h. Anschließend werden sie direkt herausgewunken von dem 23-jährigen frischgebackenen Polizisten Anselm. Anselms Sonntagsuniform ist beschriftet "Dein Freund und Helfer". Er ist Idealist und hat sich das selbst ausgedacht: Sonntags macht er sich diese Beschriftung an die Uniform.

Anselm spricht mit dem Ehepaar, sagt, dass sie sehr langsam gefahren seien. Aber für das Ehepaar und speziell Heinz ist das alles normal. Anselm sagt: »Sie haben aber einen netten Hund da hinten. Ich dachte, sie seien so langsam gefahren, damit dem Hund nicht schlecht wird. Er hat ja noch Schaum vor dem Mund.« Das Ehepaar schaut nach hinten und wundert sich und erschreckt. Hannes springt aus dem Auto. Erna fällt vor Aufregung in Ohnmacht. Das verschafft Hannes die Gelegenheit, sich zu entfernen. Er versteckt sich unter dem Polizeiauto.

Tierpflegerin Lilly, die gerade auf dem Motorrad ankommt, sieht das und erkennt auch den Mischlingshund Hannes wieder. Lilly ist zwischenszeitlich entlassen worden und hat sich auf den Weg gemacht zu ihrem Freund Anselm, weil sie völlig fertig ist. Sie sieht gerade noch, wie sich Hannes versteckt, und zwinkert ihm zu.

Heinz hat das Riechsalz rausgeholt, Erna geht es inzwischen besser. Beide fahren weiter Richtung Sillium.

Lilly holt hinten aus dem Koffer-Rucksack des Motorrades den Erdbeerkuchen (den hatte sie einfach mitgenommen, zum Abschied). Sie beginnt Hannes zu füttern. Hannes isst den Kuchen zierlich mit den Pfötchen, mal mit einer, mal mit beiden, er hat Manieren, was Lilly natürlich auffällt. Anselm kommt zum Polizeiauto und sieht Lilly.

Lilly fragt Hannes auf marsianisch: »Wo kommst du denn her?« – »Ärädlä Brüdlü«. »Ärädlä Brüdlü«

Sie hatte nur bis zur zweiten Klasse marsianisch und kann nur so einfache Fragen stellen. Anselm kommt dazwischen und freut sich, Lilly zu sehen. Der Mischlingshund Hannes hatte zwar geantwortet, aber er hatte Kuchen im Maul und ein Trecker kam vorbei, es ist ihm auch peinlich und er weiß auch gar nicht, was er sagen will. Und so hört Lilly die Antwort nicht.

Lilly erzählt Anselm, was passiert ist und Anselm dolmetscht (er hatte bis zum Abitur marsianisch, auch die hohe Literatur). Hannes ist verwirrt, dass die Menschen marsianisch können. Er wollte doch extra inkognito sein.

Lilly und Anselm sind Hundefreunde, sie leben zusammen und haben zu Hause 10 Hunde. Anselm und Lilly haben Migrationshintergrund, sie kommen nicht selbst vom Mars, sind Abkömmlinge. Sie sind eigentlich 7/8 Mensch und 1/8 marsianisch. Das eine Achtel mussten sie auch anpassen und in Mensch verwandeln. Es äußert sich nämlich als doofe grüne Nase. Damit die sie nicht als fremd verrät, bekamen sie schon als Kind ein Getränk, das sie verwandelt. Das müssen sie nun jeden Sonntag einnehmen, damit die Verwandlung hält. Marisanisch haben sie in einem Fernkurs, online, gelernt. Der Kurs wird seit Jahrhunderten gesendet. Die Praxisteile finden am Wochenende statt. Lilly und Anselm waren im Kindergarten in Sillium, weil es auf dem Mars keine Kindergärten gibt.

Unser Mischlingshund Hannes fragt Anselm, den Polizisten, auf marsianisch: »Wer bist du denn?« Der antwortet »Ich bin dein Freund und Helfer«. Hannes denkt: »Freund ... Freundschaft ... deswegen bin ich ja hier!« Anselm fragt Hannes, ob er bei Ihnen leben möchte. Hannes sagt: »Gerne!«.

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Hannes entdeckt die Freundschaft

Dritter Akt

Hannes krabbelt unter dem Auto hervor, springt ins Polizeitauto. Sie fahren, Lilly auf dem Motorrad, in Kolonne zu der Wohnung der beiden, einem Bauernhof (10 Hunde brauchen ja Platz) gegenüber von dem Kindergarten in Sillium, hinterm Friedhof.

Anselm sagt Hannes auf marsianisch: »Wenn du bei uns wohnen möchtest, musst du dich mit den anderen Hunden anfreunden, damit das klappt, sonst fliegst du raus.« Hannes meint: »Ich kann mich eventuell auch zurückverwandeln.« Anselm ist ein kleines bisschen erschrocken. Das könnte nämlich auffallen, ein Außerirdischer in Sillium. »Warum erschreckt dich das so?« fragt Hannes. Anselm antwortet nicht, sondern redet weiter: »Außerdem gibt es gar nicht genug Energie.« Das wiederum beunruhigt Hannes, denn er will ja vielleicht auch irgendwann wieder zurück.

Es gibt aber eine Alternative, und Anselm und Lilly wollen ihm ja helfen. Freunde helfen sich. Und zwar das Mittel, mit dem sie sonntags immer dafür sorgen, dass die Nasen nicht grün werden. Während sie ins Haus gehen, erklären sie es Hannes. Nur die Sorge mit dem Auffallen, die behalten sie für sich.

Die anderen Hunde kommen angerannt und können alle marsianisch! Das wissen viel nicht: Alle Hunde können grundsätzlich marsianisch. Die Hunde sagen ihm, es wäre besser, er würde bleiben. Er müsse nicht arbeiten, bekäme umsonst zu essen, Hundsein sei ganz schön, viel schlafen und so. »Du als Mix hast doch sonst keine Chance, die Leute wollen doch immer einen Stammbaum sehen.« Das versteht Hannes erst nicht, aber da ist ein Spiegel: und er er sieht anders als auf dem Bild im Raumschiff einen struppigen Mischling mit schwarzen Punkten. Und fängt an zu weinen. Jetzt versteht er, was die anderen meinen. Einer der anderen ist ein Golden Retriever und erzählt seine Geschichte: »Selbst wenn man ein Rassehund ist wird man nicht unbedingt genommen.« Hannes wird ganz warm ums Herz, er kann das gar nicht deuten. Er spürt die Gemeinschaft. Alle kümmern sich um ihn. Er spürt, dass DAS wahrscheinlich Freundschaft sein muss. Und er fragt Anselm: »Was ist mit mir los?« – Anselm antwortet »Ich als dein Freund und Helfer: unser Haus hat letztes Jahr den Freundschaftspreis gewonnen.« Darüber gibt es sogar eine Plakette "Freundschaft willkommen – Freundschaftsbeweispreis" und eine Urkunde vom Heersumer Kindergarten.

Hannes macht ein Selfie von sich und Anselm neben der Plakette und beamt es zu seiner Mama auf dem Mars.

Mimi kommt dazu. Sie hatte geweint, als Lilly entlassen wurde – der Hund sei so nett gewesen, Lillys Aktion voll in Ordnung. Isabella Meier, die Chefin, hatte das eingesehen und kommt nun, um sich zu entschuldigen.

Mimi knuddelt Hannes, da es ihm wieder besser geht. Sie hat noch einen Riegel dabei, einen Mars-Riegel. Das ist für die Mutter der Beweis, dass die Liebe intergalaktisch ist. Denn Mars bringt verbrauchte Energie wieder zurück.

Chefin Meier stellt Lilly wieder ein und bringt Erdbeerkuchen mit. Hannes will bleiben, weil es so super ist. Seiner Mama schreibt er »Komm doch auch!« Aber nee, die kommt nicht. Erna und Heinz kommen aber noch zu der Party. Die haben auf dem Rücksitz noch ein Fläschchen Elixier gegen grüne Nasen gefunden, das Anselm wohl aus der Tasche gefallen sein musste.

Sie fragen, ob einer der Welpen zum Verkauf steht, Nee, sie seien zu alt, einen zu bekommen, und sie stünden auch gar nicht zum Verkauf. Aber sie werden gefragt, ob sie nicht einziehen wollen. Und so wird es eine große WG. Darüber wundert sich in Sillium keiner.

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Wimmelbild

Bild: Ines Glawe

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Themen der Geschichte

Freundschaft, Marsianisch, Reise, Heimat, Mutter-Sohn-Bindung, WG, Hunde, Migration, Sillium, Freund und Helfer, Hilfsbereitschaft, Erdbeerkuchen, Langsames Fahren, Missverständliches langsames Fahren, Abenteuerlust, Intergalaktische Beziehungen, fehlgeschlagene Verwandlungen, Stromausfall, Anders sein-sich anpassen, Golden Retriever und die Bedeutung von Rassehunden, Verwandlung, Angst vor Ausgrenzung, Struppig-glatt, Tierheim. Intergeneration, Nachrichten. Marstage. Essen und seine Bedeutung. Elixir. Grüne Nasen.

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