Die Geschichte von dem Mädchen das nichts suchte und seine Familie fand

Erfunden im Kurpark in Bad Salzdetfurth am 14.08.2021

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Die Geschichte von dem Mädchen das nichts suchte und seine Familie fand

Erster Akt

Bibiana Müller-Stern ist 11 Jahre alt und ein Adoptivkind. Die Geschichte beginnt im Sommer 1900 im wilden Westen in Oklahama in einem Pferdestall.

Bibiana war ein Waisenkind gewesen, das bei Indianern, den Crows, aufgewachsen ist. Sie war aber mit dem Häuptling nicht mehr klar gekommen und weggelaufen. Damals konnte sie sich nur an ihren Vornamen erinnern, die Eltern waren unbekannt.

Gefunden und adoptiert wurde sie 1894, im Alter von 5 Jahren, von Karl Müller-Stern, einem reisenden Seifenhändler. Er war aus Süddeutschland emigriert, aus Würzburg.

Karl Müller-Stern, inzwischen 70 Jahre alt, und Bibiana sind auf der Durchreise schon zwei Tage in der Stadt. Karl war gestern Abend im Saloon eingeschlafen, Bibiana war es dort zu verraucht, deshalb war sie zum Schlafen in den Pferdestall im Haus nebenan gegangen. Dort hatte sie bereits zwei Nächte verbracht.

An diesem Sommertag mittags im Stall in Oklahoma erwacht Bibiana in einer Box. Die graue Stute hat letzte Nacht ein schwarz-weißes Fohlen geboren. Bibiana war zwar dabei, hat aber geschlafen und die Geburt nicht mitbekommen. Auch ein Hundemischling hatte sich nachts dazugesellt, kniehoch, weißes wuscheliges Fell. Er ist ein Streuner, der für Bibiana überraschend nun morgens auch in der Box liegt. Bibiana ist zwar nur zufällig da, weil sie gerade erst kurz hier langreisen, aber im Herzen spürt sie, dass sie die Stute schon lange kennt.

Bibiana liegt ganz am Rand und wacht an diesem Mittag auf, als der Hund an ihr schnuppert und ihr übers Gesicht leckt. Das Fohlen befindet sich in der Mitte, die Stute auf der anderen Seite. Ein Zug kommt vorbei, eine Dampflokomotive, sie fährt direkt durch den Stall. Sie fährt nicht wirklich durch. Die Lok ist etwa kniehoch und befindet sich nur in Bibianas Phantasie. Sie hatte bis eben geträumt.

Der Hund beginnt zu bellen: Das bedeutet Gefahr, aus Sicht des Hundes. Jemand kommt rein, den er nicht kennt. Es ist der Häuptling der Crows, vor dem Bibiana damals weggelaufen war. Er ist inzwischen 82 Jahre alt und heißt Old Crow. Er kommt rein, weil er den Hund bellen hörte. Nach alter Indianer-Weisheit – "Streunende suchen immer Schutz in einem Stall" – betritt Old Crow nun diesen Stall.

Old Crow ist immer noch auf der Suche nach Bibiana. Als er rein kommt, riecht sie seinen Mundgeruch. Der alte Mann sieht nur den Hund. Der Hund bellt und schnauft wie eine Dampflok. Bibiana versteckt sich hinter der Stute, die ja an der anderen Wand steht. Das Fohlen stellt sich zum ersten mal auf seine eigenen Beine. Der Hund leckt ihm über das rechte vordere Bein. Es sind noch Eihäute daran. Er hat Hunger. Bibiana sieht das alles von ihrer Position hinter der Stute nicht. Stattdessen sieht sie etwas Glitzerndes in der Box liegen, etwa einen Meter von ihr entfernt, seitlich links von ihr. Sie weiß nicht, was es ist.

Bibiana denkt, es könnte die Kette sein, die sie seit Geburt um den Hals trägt, die sie angeblich von ihren Eltern hat, und die seit zwei Tagen weg ist. Sie hofft aber, dass sie es nicht ist, denn die würde Old Crow verraten, dass sie in der Nähe steckt. Old Crow sieht es auch blitzen.

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Die Geschichte von dem Mädchen das nichts suchte und seine Familie fand

Zweiter Akt

Da Old Crow ärgert sich zieht ein Gewitter auf. Es donnert und blitzt und regnet. Der Hund beißt dem Häuptling ins rechte Bein. Er mag auch keinen Mundgeruch. Old Crow schreit: »Blöde Indianerweisheit«.

Bibiana erschrickt. Sie hofft, dass ihr Vater Karl nicht wegen des Gewitters und wegen des Geschreis nach ihr suchen kommt und damit ihr Versteck preisgibt. Das Blut an Old Crows Bein läuft, er verlässt den Stall und sucht den Saloon auf, um dort mit Whisky seine Wunde zu spülen. Das klappt auch: mitten auf dem Esstisch steht ein ganzer Eimer. Und da ihn alle wegen seines Mundgeruchs kennen und Angst vor ihm haben, kann er sich mit dem Whisky in Ruhe seine Wunde spülen, und alle 35 Anwesenden lassen ihn machen.

Leider hatte der Hund Aas gefressen und das Bein entwickelt sehr schnell eine Sepsis. Maden sammeln sich schon an. Und so geht Old Crow schnell zum einzigen Arzt im Saloon, zu Karl-Friedrich, 43, ebenfalls aus Bayern emigriert. Der steht an der Theke. Der hilft ihm und amputiert direkt – Old Crow auf der Theke liegend – das Bein.

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Die Geschichte von dem Mädchen das nichts suchte und seine Familie fand

Dritter Akt

Da die Gefahr im Pferdestall vorüber ist, geht Bibiana gucken, was da geglitzert hat. Der Mischlingshund ist müde und legt sich hin. Sie entdeckt, dass es der Revolver ihres Vaters ist. Karl würde schwören, er sei noch nie in dem Stall gewesen, aber im Suff war er dort gewesen, um nach seiner Tochter zu sehen. Und da war ihm der Revolver weggefallen. Versehentlich tritt Bibiana auf den Revolver und es löst sich ein Schuss, der einen Balken trifft! Draußen donnert und blitzt es, und so war der Schuss draußen für niemanden zu hören. Die Tiere im Stall sind aber alle erschrocken. Der Hund bellt wieder.

Der zersplitterte Balken gibt den Blick frei auf einen Schatz: Bibianas Erbe. In einer Aussparung des Balkens steckt ein Buch und darin gibt es Aufzeichnungen ihrer leiblichen Eltern über ein Haus und Schätze die zum Haus gehören, auch über ihre Kette, und auch über ihren Namen: Bibiana. Ihre Eltern waren Missionare. Sie waren bei der Anreise mit dem Zug dort angekommen, da war auch so blödes Wetter, und sie hatten Zuflucht in diesem Stall gefunden und das Buch dort vergessen, bzw. es zusammen mit ihren Kindern zurückgelassen. Sie hatten gedacht, sie kämen zurück, aber ein Indianerstamm hatte sie getötet. Es war der Konkurrenzstamm der Crow, namens Chicoree-Sioux.

Bibiana nimmt den Revolver, geht zum Buch, und beginnt, das Buch durchzuarbeiten. Sie kann noch nicht gut lesen, aber es gibt Bilder: die Kette, ein Regenbogen, ein Familienfoto von ihren Eltern und Bibiana als zweijähriger. Sie erkennt sich am Leberfleck auf ihrer Wange und an der Kette. Auch ihr großer Bruder Friedhelm ist auf dem Foto zu sehen, der auf der anderen Seite einen Leberfleck hat. Er wird damals acht gewesen sein. Sie vermutet, dass es ihr Bruder ist, weil er ihr unheimlich ähnlich ist. Und sie fühlt sich mit ihm seelenverwandt, so wie mit dem Pferd. Aus dem Buch geht auch hervor, dass sie eigentlich Silbereisen heißt. Der Anhänger ihrer Kette, die sie leider verloren hat, gibt offenbar Aufschluss über die Tätigkeit der Eltern und woher ihr Vermögen kommt.

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Vierter Akt

Bibiana geht in den Saloon, um ihren Adoptiv-Vater Karl zu befragen. Der liegt noch immer unter'm Tisch und schläft. Als Bibiana den Saloon betritt, ist Old Crows Bein schon ab und der Indianer bewusstlos. (Sein Mund geschlossen). Sie hat Buch und Revolver dabei.

Der 19-jährige Barkeeper hilft ihr. Es ist ihr Bruder Friedhelm. Er hat gefälschte Papiere, eigentlich ist er erst 17, aber um im Saloon arbeiten zu können, musste er sich älter machen als er ist. Er hat das Muttermal.

Friedhelm erkennt das Buch. Er war dabei, als sie es damals geschrieben haben, und war ja ebenfalls damals im Stall zurückgelassen worden. Er erkennt aber seine Schwester nicht. Sie erkennt ihn. Er schlussfolgert lediglich, dass sie seine Schwester sein könnte.

Friedhelm: »Wo hast du das Buch her?«
Bibiana: »Aus dem Stall.«
Friedhelm: »Und hast du die Kette noch?«
Bibiana: »Die hab ich vor zwei Tagen verloren.«

Karl-Friedrich, der Arzt hört das Gespräch der beiden und denkt sofort, das müssten die Kinder seiner verschollenen Schwester sein! Er dreht sich um und sagt: »Ich hab die Kette vor zwei Tagen am Bach gefunden!« – Er zieht die Kette aus der Hosentasche, Bibiana erkennt die Kette und freut sich. Der Arzt fährt fort: »Die Kette hat meiner Mutter gehört und auch der Mutter meiner Mutter und die war auch Ärztin und hatte ein Sanatorium in Bayern.«

Bibiana weiß weder wo Bayern ist, noch sonst irgendwas. Aber Friedhelm geht ein Licht auf und er umarmt seine Schwester. Und Bibiana ahnt jetzt, wo ihr lang-gehegter Wunsch herkommt, Ärztin werden zu wollen.

Die Besitztümer, um die es im Buch geht, sind das Pferd und damit auch das Fohlen. Das Haus, um das es geht, ist genau das direkt neben dem Saloon mit dem Stall. Friedhelm weiß das, er wohnt dort. Er hatte das Buch hinter dem Balken in der Lücke allerdings nie wiedergefunden.

Da wacht Karl auf, zugleich kommt der Mischlingshund in den Saloon und bellt und schnauft. Der Arzt erzählt Bibiana, dass ihre Eltern in einen Zug gestiegen sind und dann verschollen waren. Old Crow wusste damals, dass die Chicoree-Sioux die Eltern umgebracht hatten, und kam auf seiner Stute vorbei, griff sich das Kind und war davon galoppiert. Der Junge, Friedhelm, hatte sich versteckt.

Auch Old Crow wacht auf und öffnet den Mund. Bibiana merkt jetzt, dass der Mundgeruch sie nur angetriggert hat, dass da gar nichts Schlimmes dahinter steckt. Sie hat jetzt einfach keinen Schiss mehr vor Old Crow.

Karl sagt: »Jetzt wo du das alles weißt, hoffe ich, dass sich unsere Wege nicht für immer trennen.« Bibiana antwortet: »Wir bleiben zusammen, du wirst immer mein Vater bleiben.«

Sie eröffnet gemeinsam mit Friedhelm, Karl und Karl-Friedrich eine Pferdezucht. Die Männer machen aber ihre eigentlichen Jobs weiter und machen das mit der Pferdezucht nur nebenberuflich. Es wird dort auch Pferdeseife hergestellt.

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Wimmelbild

Bild: Ines Glawe

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Alternative Titel

  • Abenteuer im Wilden Westen
  • Bayern im Wilden Westen
  • Bibiana auf der suche nach dem Glück
  • Das Amulett
  • Zurück zu den Wurzeln
  • Die Geschichte von dem Mädchen das nichts suchte und seine Familie fand
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Themen der Geschichte

Verlust, Familiendrama, Flucht, Identität, Tradition, Mundgeruch, Sepsis, Wilder Westen, Gefühlte Ahnungen, Spiel nicht mit dem Revolver, Familientragödie, Wurzelsuche, Adoption, Indianerweisheiten, Dankbarkeit, Missionare, Waisenkind, Tierliebe, Stiefeltern müssen nicht immer schlecht sein. Pferde. Im Saloon.

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